Projekttext
Raum und Figur: Der Neubau des Luzerner Theater ermöglicht die städtebaulich ungelenke Situation am Theaterplatz zu entwirren. Anstelle der ungeklärten Platzsituation zur Jesuitenkirche spannt sich der neue Theaterplatz zwischen dem Neubau und den beiden Brückenköpfen auf. Der neue Theaterplatz ist als zentraler Knotenpunkt im städtischen Gefüge prägend. Die Flusspromenade vom Bahnhof zur Kleinstadt kreuzt sich mit den Passanten Verbindungen von Alt- und Neustadt sowie der Achse Bruchquartier - Schwanenplatz. Die Längsseite des Theaterbaus begleitet die Reuss analog den Bestandsbauten an der Bahnhofstrasse. Die leichte Ausdrehung des Volumens zur Jesuitenkirche öffnet den Raum zur Jesuitengasse.
Während sich der innere Theatersaal statisch, als Object Trouve bezeichnen lässt, legt sich seine äussere Hülle frei, aber präzise in den Stadtraum. Der Abdruck als Dreieck entwickelt sich durch wichtige städtebauliche Achsen. Der Neubau spielt die Sichtachse entlang des Hirschengrabens zum Wasserturm frei. Der Gebäudekopf am Theaterplatz schafft eine klare Adressbildung, bereits von der Seebrücke ist die Eingangssituation ersichtlich. Als hybrider Stadtraum verbindet der Theaterplatz drei Zonen; die Flusspromenade, die Eingangssituation des Theaters und den zur Neustadt gewandten Raum, der sich zu einem grosszügigen Platz öffnet. Er ist in seiner Ausformulierung weicher, verspielter und grüner als seine Pendants auf der anderen Flussseite, in der Altstadt. Öffentliche Erdgeschossnutzungen entlang der Buobenmatt und dem Neubau regen das Leben auf dem Platz an.
Gegen den Himmel wird der Theaterbau von einem tief fallenden Walmdach abgeschlossen. Die klare Form stärkt die Eigenständigkeit als Solitärbau und ordnet das Gebäude im Kanon der flussbegleitenden Dächer natürlich ein. Skulptural stossen zwei Lukarnen durch die Dachhaut. Sie brechen die horizontale Gebäudelänge und vermitteln zwischen den versetzten Traufhöhen, von 15 m und 14 m. Mit Bezug auf die Nachbarsbauten ist die tiefe Traufkante als respektvolle Geste zu verstehen. Die natürliche Belichtung der Kapellen im Seitenschiff der Jesuitenkirche ist weiterhin gegeben. Während die Fassadenhaut die Holzkonstruktion des Gebäudes verhüllt, weist die Ausformulierung der Dachform auf die ökologische Konstruktionsart hin. Das Fassadenraster, als transparentes Element, oszilliert wie die Bewegung der Wasseroberfläche der Reuss. Das Raster an sich ist zweitrangig, wichtiger ist sein Grad der Öffnung, der bestimmt wieviel man hindurchsieht, programmiert oder eben nicht.
Herz und Aorta: Der Theatersaal ist als Herz in der Mitte des Volumens verortet, von ihm geht die Energie des Hauses aus. Durch die transparente Fassade ist das Organ bis in den Stadtraum zu spüren. Die Gegenbewegung der Saalwände zur Gebäudehülle geben dem Theatersaal seine charakteristische Trichterform. Viele Augenpaare auf den Rängen geben dem Protagonisten auf der Bühne ein starkes gegenüber. Nischenhafte Foyerzonen auf mehreren Geschossen sowie das Hauptfoyer, dass an das Restaurant angrenzt, sind mit mobilen Elementen flexibel nutzbar. Die Präsenz und Bespielbarkeit des Theaters im städtischen Raum, wird durch die Lage der Bühne auf Strassenniveau, erlebbar.
Die Aorta in Form der grossen, doppelläufigen Treppe, verknüpft das Eingangsfoyer mit allen wichtigen Besucherräumen im Haus. Sie verleitet die Besucher das Haus in seiner Vertikalität zu erleben. An dieser Hauptschlagader sind die Garderoben, die Ränge, die Foyers, das Gastronomiegeschoss, das Studio und der Mittlere Saal direkt verbunden. Das Restaurant im ersten Obergeschoss hat zusätzlich einen direkten Eingang zur Flusspromenade und ist mit der öffentlichen Terrasse auf dem Dach verbunden. Der Mittlere Saal befindet sich gestapelt auf dem Hauptsaal. Das geneigte Dach ist spürbar und gibt dem Raum seinen eigenständigen Charakter. Das Studio kann als normale Foyerfläche doppelgenutzt werden. Mit seiner Lage unter der Traufe am Gebäudekopf, baut es eine Beziehung mit dem aussenliegenden Stadtraum auf.
Der performative Charakter der aufklappbaren Fassade im Erdgeschoss widerspiegelt die offene Gestalt des Gebäudes. Synergetisch kann die Stadt mit dem Theater interagieren, so kann sich der Markt in das Prospektlager ausdehnen oder das Theater in den Stadtraum erweitern.